30.05.2024, Frankfurt/Main@ SaasFee: Magnetizdat DDR

Vorstellung des zweiten Zonic-Spezials zum DDR-Magnetbandunt... [mehr]

23.05.2024, Berlin @ Mulackei: Magnetizdat DDR

Vorstellung des zweiten Zonic-Spezials zum DDR-Magnetbandunt... [mehr]

11.04.2024, 20 Uhr @ Salon Similde, Leipzig

Malerei und Performances rund um das Thema "Chemnitzer Platt... [mehr]

09.04.2024, 18 Uhr @ Puschkino, Halle/Saale

Talk mit Alexander Pehlemann (Zonic) nach dem Film "Ostatnia... [mehr]

Di 05.03.2024, 18 Uhr @ GWZO, Leipzig

Zonic Zound Zystem aka Selekta Pehle rahmt mit ost(mittel)eu... [mehr]

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FR 10.09.2021, 13:00 bis 19 Uhr @ Galerie KUB, Leipzig: Gegen(-)Kollektive-Symposium

13:15 -13:45 Uhr
N.S.R.D. (Riga/SU)
Mara Traumane (Riga/LT)

N.S.R.D. (Nebijušu Sajūtu Restaurēšanas Darbnīca), die „Werkstatt zur Restauration nie empfundener Gefühle“, wurde 1982 vom Architekten und DJ Hardijs Lediņš und dem Universalkünstler Juris Boiko gegründet. NSRD spielten wie die seit Anfang der 1970er aktive Vorgängergruppe Seque minimalistische Elektronik-Avantgarde-Musik und wurden dabei zugleich als eine der ersten New-Wave-Vertreter der lettischen Sowjetrepublik wahrgenommen. Sie veröffentlichten zuerst im illegalen Eigenvertrieb auf Magnetspulenbändern und ab 1989 auch auf Kassette, als die gesellschaftliche Öffnung in der Sowjetunion bereits die Etablierung eines eigenen Labels namens Approximate Art Agency ermöglichte. Der künstlerische Bereich von N.S.R.D., für den die Gruppe den Begriff der „ungefähren Kunst“ prägte, umfasste Performances, Land Art, Videokunst und andere intermediale Arbeitsweisen. Befördert durch den in Frankfurt/Main als Medienkünstler wirkenden Exil-Letten Indulis Bilzēns kamen N.S.R.D. einerseits in Kontakt mit der frühen Rave-Szene in Westdeutschland und wurden zu Förderern der neuen Dance-Kultur in Lettland, andererseits intensivierten sich die Kontakte nach Westdeutschland, was zu dortigen Auftritten und Ausstellungen führte. Die Gruppe wird für ihre prägende Rolle bei der Entwicklung einer eigenständigen lettischen Kunst und Subkultur seit einiger Zeit auch auf repräsentativen Ebenen gewürdigt, was sich u. a. darin ausdrückte, dass das Jahr 2015 vom Latvian Centre for Contemporary Art (LCCA) zum Hardijs Lediņš-Jahr erklärt wurde. Mittlerweile ist ihre Musik auch international anerkannt und verbreitet, zum Beispiel durch mehrere Veröffentlichungen des belgischen Labels Stroom TV.


14:00- 14:30 Uhr
Totart (Gdańsk/ PL)
Daniel Muzyczuk (Muzeum Sztuki Łódź/PL)
TOTART (vollständig Tranzytoryjna Formacja Totart, dt. Transitatorische Formation Totart) wurde 1986 in Gdańsk gegründet und schnell für ihre von Punk und Neo-Dadaismus beeinflussten provokanten Performances berühmt, die ihre Reaktion auf die zugespitzte soziale wie politische Situation in Polen waren. Neben Zbigniew Sajnóg als Begründer und Hauptfigur wirkten Musiker:innen, Bildende Künstler:innen oder Poet:innen wie Paweł "Konjo" Konnak, Artur "Kudłaty" Kozdrowski, Mariola Białołęcka, Iwona Bender, Lopez Mausere (alias Wojchech Stamm), Ryszard "Tymon" Tymański oder Darek "Brzóska" Brzóskiewicz bei Totart mit, wobei der Gruppenname je nach Anlass auch verändert wurde. Totart performten u. a. in Psychiatrien vor Wehrdienstverweigerern, kooperierten mit der anarchistischen Bewegung Freedom and Peace und Umweltgruppen, gaben Fanzines oder Artzines heraus und wechselwirkten mit anderen künstlerischen Gruppierungen wie der Orangen Alternative, diversen Musikgruppen wie Szelest Spadających Papierków und Sni Sredstvom Za Uklanianie oder Dichter-Performern wie Paweł „Paulus“ Mazur. Nach 1989 veröffentlichte Totart die Zeitschrift Metafizyka Społeczna (Soziale Metaphysik), die sogar von der Kulturabteilung der Stadt Gdańsk mitfinanziert wurde, löste sich dann aber schrittweise auf und die Akteur:innen gingen in andere Felder über, wobei gelegentlich Totart als Marke wiederbelebt wurde.

14:45 -15:15 Uhr
New Artists (Leningrad/ SU)
Hannelore Fobo (Berlin)
НОВЫЕ ХУДОЖНИКИ: die 1982 gegründeten NEUEN KÜNSTLER oder NEW ARTISTS waren die wichtigste nicht-offizielle Leningrader Künstlergruppe der späten Sowjetzeit. Das eigentlich Neue an den Neuen Künstlern war, dass viele ihrer Mitglieder außer in der Malerei auch in anderen Kunstgattungen tätig waren – hauptsächlich Film, Fotografie, Prosa, Musik und Performance. Dies führte zu verschiedenen Formen der Zusammenarbeit, beispielsweise bei Musikvideos, Trickfilmen, Künstlerbüchern und der Gestaltung von Plattencovern für Sergey Kuryokhin’s Pop-Mechanika und für die Kultband Kino, deren Mitglieder zum Teil gemeinsam mit den Neuen Künstlern ausstellten. Dabei rezipierten die Neuen Künstler westliche Kunstströmungen wie Graffiti-Art ebenso wie die russische und sowjetische Avantgarde, verfolgten aber individuell unterschiedliche Ansätze. Aus diesem Grund sind Versuche, die Gruppe durch übergreifende stilistische Merkmale zu definieren, schwierig und werden in der Regel nur einem Teil der Künstler gerecht. Zu den Gründungsmitgliedern um Timur Novikov zählen Ivan Sotnikov, (E-E) Evgenij Kozlov, Oleg Kotelnikov und Kirill Khazanovich. Die erste große öffentliche Ausstellung der Neuen Künstler, „Alles Gute zum Neuen Jahr“, fand Ende 1985 im Leningrader Rock-Club statt und war verbunden mit einer Malperformance bei einem spektakulären Pop-Mechanika-Inszenierung mit einem Jazz-Rock-Folklore-Konzert, bei dem auch der britische Musiker Chris Cross von Ultravox auftrat. Zu diesem Zeitpunkt war die Gruppe bereits auf ca. 15 Mitglieder angewachsen. In der Folgezeit wuchs sie weiter und vergrößerte dabei ihren Aktionsradius zunächst nach Moskau, danach auf andere Städte der Sowjetunion wie Riga, dort u.a. anlässlich eines gemeinsamen Konzerts von Pop-Mexanika und Westbam 1987, später aber auch international. Diese Aktivitäten waren hauptsächlich auf Novikov’s anti-elitäre Strategie zurückzuführen, durch die kontinuierliche Erweiterung der Gruppe eine „neue Bewegung“ als Gegenmodell zur offiziellen Kunst zu etablieren. Sie führte jedoch zu zentrifugalen Kräften, und die Mitglieder der Gruppe orientierten sich gegen Ende der 1980er Jahre neu.

16:00 -16:45 Uhr
Erfurter Künstlerinnengruppe / Erweiterter OrGasmus (Erfurt/DDR)
Gabriele Stötzer / Verena Kyselka / Ina Heyner
Einführung und Moderation: Anne König (Spector Books, Leipzig)

KÜNSTLERINNENGRUPPE ERFURT (EXTERRA XX ab 1989) wurde 1984 von der Dichterin, Künstlerin und politischen Aktivistin Gabriele Stötzer (damals Kachold) initiiert und widmete sich vor allem Performances, Super8-Filmen und Objekt-Mode-Schauen, die in wechselnden gemeinschaftlichen Konstellationen entstanden. Neben Stötzer, die zuvor wegen Protests gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns im Gefängnis saß und danach bis zur Zerschlagung durch die Staatssicherheit die illegale Galerie im Flur betrieb, zählten zu den frühen Akteurinnen der Gruppe Monika Andres, Verena Kyselka, Monique Förster, Gabriele Göbel, Ina Heyner, Ingrid Plöttner, Elke Karl und Harriet Wollert. Kyselka, Heyner und Stötzer bildeten zudem die experimentelle musikalische Formation Erweiterter OrGasmus, deren von Onomatopoesie und Geniale Dilletanten-Bewegung beeinflussten Klangtexturen teils als Soundtracks für die Super8-Filme der Gesamtgruppe dienten. Gabriele Stötzer und die Künstlergruppe gehörten 1989 zu den führenden Kräften bei der Besetzung der Stasi-Zentrale in Erfurt, der ersten in der DDR. 1990 begründeten sie das heute noch existierende Kunsthaus Erfurt.

17:00-17:45 Uhr
Gruppe 37,2 (Leipzig/ DDR)
Vortrag von Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien/Berlin) und anschließende Diskussion mit anwesenden Mitgliedern der Gruppe 37,2 wie Annelie Harnisch und Brunhild Matthias

GRUPPE 37,2 entstand im Sommer 1982 aus einem Arbeitskreis um Hans-Joachim Schulze, benannt nach einem Terminus, der in der Informationstheorie der Überraschungswert genannt wird und in den verschiedensten Bereichen „kritische Momente“ oder „optimale Werte“ kennzeichnet. Erstes Ergebnis der Zusammenarbeit von Gunda und Hans-Joachim Schulze, dem Maler Hartwig Ebersbach, dem Fotografen Peter Oehlmann, der Psychologin Annelie Harnisch und der Problemanalytikerin und Kybernetikerin Brunhild Matthias war ein Konzept für die „wissenschaftlich-künstlerische Arbeit in der sozialistischen Produktion“ und das „Pilotprojekt Jugendklub“. Die Gruppe konzentrierte sich intern auf psychische Trainingsprozesse und verstand künstlerische Produktion als Improvisation im kommunikativen Reagieren aufeinander oder als Protokoll eines Trainingsprozesses, das unterschiedlichen Interaktionsformen im gemeinsam entwickelten bildhaften Zeichensystem aufnahm. Bei Live-Aktionen, die als Ineinander von Musik, gestischer Malerei, Tanz und Pantomime die entwickelten „Arbeitsabläufe“ und „Handlungsalgorithmen“ demonstrierten, aber auch das Publikum in kommunikativen Austausch ziehen sollte, arbeitete 37,2 oft mit Musikern der DDR-Free Jazz-Szene wie Wolfram Dix oder Erwin Stache zusammen. Nach ersten Versuchen kreativer Einwirkung auf reale Produktionsprozesse in Kreativitätstrainings mit Leitern der Bauakademie und des Kombinats VEB Carl Zeiss Jena sowie von Jugendklubs, wurde die Gruppe immer mehr bedrängt und löste sich 1984 auf. Hans-Joachim Schulze agierte anschließend in der Krach-Performance-Gruppe Pffft…!, die beim Intermedia-Festival 1985 in Coswig für einen Skandal sorgte, und verließ 1986 die DDR.

18:00 -18:45 Uhr
Auto-Perforations-Artistik (Dresden/ DDR)
Else Gabriel (Ex-Autoperforationsartisten/ Kunsthochschule Weißensee, Berlin) und Ulf Wrede (Ex-Brut/Teurer denn je/ la deutsche vita, Berlin)
Einführung und Moderation: Angelika Richter (Kunsthochschule Weißensee, Berlin)

AUTOPERFORATIONSARTISTEN, gebildet durch Micha Brendel, Else Gabriel und Volker (Via) Lewandowsky – später kam noch Rainer Görß hinzu – fanden als Studierende des Bühnenbilds in der Dresdener Hochschule für Bildende Künste zusammen und performten gemeinsam bereits ab 1985, benutzen den Namen aber erstmalig zur Performance „Herz Horn Haut Schrein“ 1987, die in ihrer komplexen Vernetzung von Sprache, Gestik, Geräusch, Musik und Installation eine radikale Abwendung vom herrschenden Kunstbegriff bedeutete und so auch als politische Provokation verstanden wurde. Die Autoperforationsartisten waren keine homogene Gruppe, es gab kein Manifest und nur wenige programmatische Äußerungen. In ihren entfernt an Fluxus und Wiener Aktionismus erinnernden Performances wurde vor allem der eigene Körper verausgabt und attackiert. Blut und Fleisch kamen genauso zum Einsatz wie Sprache, Musik mit der Band Die Strafe, Bilder, Fotos, Super-8-Filme oder Installationen beziehungsweise Skulpturen und dienten einer Verstörung, die dem Ausbruch aus der gesellschaftlichen wie künstlerischen Starre der späten DDR diente. Entsprechend löste sich die Gruppe nach dem Zusammenbruch der DDR und damit der Wirkungsbedingungen schnell auf und die auch vorher nur lose durch den Außendruck verbundenen Einzelkünstler machten unterschiedliche künstlerische Karrieren.
Else Gabriel und Ulf Wrede, der an der Musikhochschule Hanns Eisler studierte und in den zum musikalischen Underground zu zählenden Bands teurer denn je, la deutsche vita oder Brut spielte, arbeiteten schon in der Zeit der Autoperforationartisten bei Performances verschiedentlich zusammen und bildeten später das Künstlerduo (e.) Twin Gabriel.

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